ETF mit Ansteckungsgefahr: die irische Variante

Ein adäquat aufgesetzter Aktienindex gewinnt langfristig an Wert – zumindest für vergangene Zeiträume lässt sich das simpel zeigen. Und mit dem Index soll der Kurs des ETF steigen, der diesen Index abbildet – nahezu perfekt korreliert, mit allem Auf und Ab: das ist das Ziel der Anlage. Doch eine Garantie für dauerhaft weitgehenden Gleichlauf gibt es nicht – unter anderem aufgrund von Querhaftungsrisiken. ETF mit Ansteckungsgefahr: die irische Variante.

09. März 2025

ETF mit Ansteckungsgefahr: die irische Variante

Ein selten beachtetes Risiko bei Anlagen in Index-ETF ist, dass die Performance des ETF sich deutlich von der des zugrundeliegenden Index entfernt – oder anders, dass der Tracking Error akzeptable Werte übersteigt. Dies kann bei synthetisch replizierenden ETF unter anderem aus dem Emittentenrisiko resultieren: Verluste entstehen unabhängig von der Entwicklung des Index, wenn eine Swap-Counterparty ihren Verpflichtungen gegenüber dem ETF nicht mehr nachkommen kann oder will. Aus diesem Grund gelten physisch replizierende ETF, welche die relevanten Wertpapiere tatsächlich halten und zusätzlich keine Wertpapierleihe betreiben, als vorteilhaft. Doch auch hier ist keinesfalls garantiert, dass Index und ETF dauerhaft (fast) gleichlaufen – zum Beispiel aufgrund etwaiger Querhaftungsrisiken.

Domizil ist meist Deutschland oder Irland

In Deutschland zum Vertrieb zugelassene ETF sind meist entweder nach irischem oder deutschem Recht aufgesetzt. Dabei sind ETF mit Domizil Deutschland in der Regel Sondervermögen nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) – diese besitzen keine eigene Rechtspersönlichkeit, stattdessen handelt eine Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) in deren Namen. Eine KVG managt dabei meist mehrere Sondervermögen parallel, mit verschiedenen und vollständig voneinander unabhängigen Anlagestrategien und -bedingungen. Die Separierung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten zwischen den Sondervermögen gilt dabei allgemein als gegeben: Auch im Insolvenzfall oder bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten eines oder mehrerer Sondervermögen unter Management einer KVG sollte jedes Sondervermögen eigenständig zu betrachten sein, und insbesondere keine Querhaftung zwischen den Sondervermögen bestehen. Das heißt: in dieser Konstruktion sollte kein ETF für die Verbindlichkeiten eines anderen ETF in Anspruch genommen werden können.

Bei ETF in der irischen Variante ist Ansteckungsgefahr nicht ausgeschlossen

Gleiches gilt grundsätzlich für ETF mit Domizil Irland – mit Einschränkung aufgrund relevanten Unterschiedes in der rechtlichen Konstruktion: Dort sind ETF keine Sondervermögen, sondern in der Regel Teil- bzw. Sub-Fonds innerhalb eines sogenannten Umbrella-Fonds. Dieser hält unter seinem Dach, oder Schirm, die einzelnen Sub-Fonds – es handelt sich also bei allen ETF in einem Umbrella-Fonds gemeinsam um eine einzige juristische Person, meist in Form einer plc. Zwar sind die einzelnen Sub-Fonds, oder ETF, nach irischem Recht haftungs- und vermögensrechtlich getrennt, jedoch kann der Umbrella-Fonds auch in anderen Jurisdiktionen als der irischen tätig werden, und die jeweils lokale Rechtsordnung damit unter Umständen Anwendung finden. Ob auch dort die Sub-Fonds separiert, d.h. deren Vermögenswerte und Verbindlichkeiten getrennt sind bleibt offen: Ggf. könnte u.a. bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder im Insolvenzfall der Umbrella-Fonds auch im Ganzen zu betrachten sein, anstelle jedes ETF einzeln – es besteht ein Querhaftungsrisiko zwischen den ETF verschiedener Anlagestrategien. Ansteckungsgefahr eben.

cbe